Wer eine Reise durch die USA plant, kennt das Problem: Es ist unmöglich, alles zu sehen. Unwillkürlich muss man sich entscheiden. Erkunde ich die Westküste entlang der beeindruckenden Canyons? Mache ich den Norden von Montana bis Wyoming und bestaune die Berge und Seen? Fahre ich entlang der Route 66 und entdecke die Highlights von Utah? Ich wollte weder auf Canyons noch auf Berge verzichten.
Schnell wurde klar: Die typischen Routen sind nichts für mich. Ich will kein Entweder oder. Mein Freund plante wochenlang eine Tour, die die Highlights aller Roadtrips abdeckt. Von Wüste über Canyons durch Wälder zu den Rocky Mountains und den Geysiren im Yellowstone: Innerhalb von 3 Wochen reiste ich 6.000 Kilometer durch 7 Staaten und entdeckte meine persönlichen Big 12 of America.
1. Stopp: Sightseeing in San Francisco (Kalifornien)
Je nachdem, welchen Roadtrip man macht, ändert sich auch die Hinflugdestination. Wenn man, so wie ich, wochenlang im Camper unterwegs ist, muss es eine grosse Stadt mit Mietstation sein. In vielen Fällen bietet sich San Francisco an, hier gibt es neben Roadsurfer und Cruise America weitere Unternehmen, bei denen man einen Wohnwagen mieten kann. San Francisco hat mir überraschend gut gefallen. Ich mochte den Vibe, das Essen, die verschiedenen Stadtviertel… Es ist aber auch relativ europäisch geprägt und deshalb auch gut in ein bis zwei Tagen machbar.

2. Stopp: New Hogan Lake (Kalifornien)
Der New Hogan Lake in der Nähe von Sierra Nevada ist ein eher unbekannter Spot, der aber an Schönheit nicht weniger zu bieten hat als andere Orte in Kalifornien. Der See liegt eingebettet zwischen goldgelben Hügeln und Bäumen und ist eine echte Perle im Landesinneren. Nur wenige Reiseführer schenken ihm Beachtung, vermutlich, weil der See erst in den 70ern durch einen Staudamm entstanden ist und keine grosse historische Bedeutung hat. Heute gibt es am See zahlreiche Outdoor-Aktivitäten. Der Campingplatz ist aber auch im Sommer nicht überfüllt und vor allem Locals machen hier Ferien, da es sich um ein recht günstiges Naherholungsgebiet in der Region handelt.

3. Stopp: Sand Mountain (Nevada)
Wer an Nevada denkt, denkt an eine gerade Strasse und verdorrte Büsche, die einsam über den Boden rollen. Der Grossteil Nevadas liegt in der Great Basin Desert, einer Hochwüste mit trockener Luft, karger Vegetation und staubigen Ebenen. Neben Las Vegas und Reno hat Nevada kaum grosse, bekannte Städte und zählt zu den ärmsten Bundesstaaten. Am Ende einer einsamen Strasse, die Kilometerlang geradeaus geht, erwartet Reisende ein gigantischer Berg aus feinstem Sand.

Die 180 Meter hohe und 5 Kilometer lange Düne ragt plötzlich aus dem Nichts in der Einöde auf – wie eine Wand aus Sand mitten in der kargen Great Basin-Wüste. Wir blieben an diesem Abend die einzigen Gäste auf dem Campingplatz und konnten in den Dünen Fussstapfen hinterlassen, Sandlawinen auslösen und den Sonnenuntergang beobachten. In der Nacht sieht man die Milchstrasse und Sternschnuppen, begleitet vom Rauschen des Windes.

4. Stopp: Ely (Nevada)
Ely hat keine Bilderbuchlandschaft. Die Stadt ist voller Casinos, aber nicht glamorös genug, um ein Hotspot wie Las Vegas zu werden. Zeit scheint hier stillzustehen. Man merkt, dass Ely früher im Glanz des Kupferbergbaus strahlte. Heute gibt es nur noch Überbleibsel aus dieser Zeit. Die Landschaft wirkt auf den ersten Blick wie eine Wüste und überrascht auf den zweiten dann doch mit abwechslungsreicher Natur. Die Kleinstadt liegt auf 2.000 Metern Höhe, raue Bergketten zwischen sandiger Trockenheit prägen die Umgebung.

Je höher man kommt, desto unterschiedlicher wird die Flora und Fauna. Umgeben von Pinien und Espen über flache Becken und Creeks zur Steppe, es ist fast schon schade, dass wir nur eine Nacht bleiben, denn wahrscheinlich hätten wir noch die ein oder andere unentdeckte Wanderung gefunden, wenn wir länger geblieben wären.

5. Stopp: Bryce Canyon (Utah)
Unser nächster Stopp war vielleicht der erste richtig touristische Hotspot: Der Bryce Canyon Nationalpark. Die Felsformationen im Bryce Canyon (auch Hoodoos genannt), sind weltweit absolut einzigartig. Meterhohe Türme ragen aus dem roten Canyon heraus und sehen aus wie Steinpaläste der sich auf 145 Quadratkilometer erstrecken. Das entspricht etwa 20’000 Fussballfeldern! Fun Fact: Tiefe Temperaturen und Frost waren der Bildhauer des Bryce Canyon.

Egal, ob du sportlich bist oder es gerne gemütlich angehst: Der Bryce Canyon Nationalpark ist ein echtes Must-do für alle. Es gibt wunderschöne Aussichtsplattformen (am bekanntesten sind der Sunset- und der Sunrise-Point), aber auch zahlreiche Wanderwege. Wer sich nicht scheut, ein paar Stunden zu Fuss unterwegs zu sein, kann auch zu den versteckten Hoodoos gelangen. Ausserdem kann man auch einen Ausritt in den Canyon buchen, das ist aber relativ teuer. Wenn die Sonne aufgeht, entsteht ein einzigartiges Farbenspiel aus Licht und Schatten, die Farben wechseln von strahlendem Gold zu leuchtendem Rot.

5,5. Stopp: Red Canyon (Utah)
Der Red Canyon liegt neben dem Bryce Canyon und ist quasi die kleine (unscheinbare) Schwester. Die meisten, die in der Region unterwegs sind, lassen den Red Canyon aus, es lohnt sich aber, hier einen Stopp einzulegen. Wer mit dem Auto zum Bryce Canyon fährt, kommt am Scenic Byway 12 durch den Red Canyon vorbei, eine der schönsten Autofahrten der USA. Doch auch im Red Canyon kann man wandern und reiten. Der grosse Vorteil: Es gibt viel weniger Touristen. Kein Wunder wurde der Red Canyon auch immer wieder als Filmkulisse für Western-Movies genutzt. Kleiner Geheimtipp: Plant eine Nacht Wildcampen im Red Canyon ein, es lohnt sich.


6. Stopp: Valley of Gods
Das Tal der Götter ist für mich der absolute Geheimtipp und der schönste Ort zum Wildcampen, den wir auf unserer Reise entdeckt haben. Über Kilometer führt eine holprige (schlechte) Strasse durch mehrere rote Steinformationen. Wenn die Sonne untergeht, beginnt das Tal zu leuchten: Die Felsen glühen rot-orange, der Himmel verfärbt sich violett, und in der Ferne hört man mit etwas Glück sogar Kojoten. Sobald es dunkel ist, sieht man die Milchstrasse und Sternschnuppen.


Bei Sonnenaufgang bekam das ganze Tal einen lechtenden Schimmer, wir öffneten die Hintertür und schauten, wie sich die Sonne über den Felsen erhob. Obwohl wir nicht die einzigen waren, die im Valley of Gods übernachtet haben, bekamen wir von den anderen nichts mit. Es fühlte sich an, als wären wir alleine an diesem wunderschönen Ort, der eher an den Mars erinnert, als an die Erde.
7. Stopp: Arches (Utah)
Arches ist einer dieser Nationalparks, die den Touristenströmen Einhalt gebieten mussten. Deshalb kommt man nur noch mit gebuchtem Zeitslot rein – ausser man schafft es, vor 7 Uhr morgens in den Park zu fahren. Und das lohnt sich! Über 2’000 natürliche Steinbögen sind hier zu entdecken. Der bekannteste, der Delicate Arche, ist nicht ganz einfach zu erreichen, doch die Aussicht macht den mühsamen Weg wieder wett. Durch das Eisen entstehen unterschiedliche Färbungen, über grüne, violette und gelbe Steine bis hin zu leuchtend rotem Gestein.


Ein weiteres Highlight liegt direkt neben dem Nationalpark: Die Potash Road führt entlang des Colorado Rivers und hohen steinigen Felswänden. Die Route von 17 Meilen ist ein regelrechter Genuss für die Augen. Ausserdem zieren Petroglyphen-Panels die Wände und erzählen ganz aussergewöhnliche uralte Geschichten.

7.5. Stopp: Page (Arizona)
Wer in den Antelope Canyon will, muss eine (ziemlich teure) Tour buchen. Trotzdem war es eines der coolsten Erlebnisse auf unserer Reise. Der Canyon liegt etwa 15 Minuten von Page entfernt. Wir haben uns für eine Tour durch den unteren Teil des Canyons entschieden und es nicht bereut. Die Formen ähneln einer serpentinenförmige Schlucht mit sanft geschwungenen, bizarren Sandsteinwänden. Die aussergewöhnlichen Licht- und Farbspiele durch einfallende Sonnenstrahlen wirken fast schon surreal. Am Besten fällt das Licht um die Mittagszeit.
Achtung: Menschen mit Platzangst sollten sich zwei Mal überlegen, ob sie nach unten wollen. Teilweise sind die Durchgänge 30 Zentimeter schmal.



8. Stopp: Bonneville Salt Flats
Hast du Lust, mit dem Auto über einen weissen See zu fahren? Auf 260 Quadratkilometern erstrecken sich die Bonneville Salt Flats, bestehend aus einer dicken Schicht komprimierten Salzes. Die Flats entstanden, nachdem der Bonneville Lake über einen Zeitraum von 10’000 Jahren austrocknete. Wenn es regnet, entsteht hier eine Spiegelfläche auf dem Salz. Wenn der Boden trocken ist, ist es ein absolutes Highlight, über den salzigen Boden zu driften. Auch mit dem Wohnmobil darf man auf die weisse Fläche.
Vorsicht: Obwohl es komplett flach ist, kann man sich in der Weite verlaufen, da es keine Bäume oder sonst etwas zum Orientieren gibt. Bleibt deshalb unbedingt in der Nähe der Markierungen. Wer noch Shoppen will, kann bei der Weiterfahrt in Salt Lake City einen Stopp einlegen.

9. Stopp: Mantua (Utah)
Den nächsten Stopp legten wir im Wald ein. Der Mantua Box Elder Campground ist einer der schönsten, den ich auf unserer Reise gesehen habe. Umgeben von Ahorn, Espen und Tannen lädt die Natur hier zum Ankommen und Verweilen ein. Überall, wo Wasser ist, steigen am Morgen Nebelschwaden auf, was eine magische Atmosphäre schafft. Man kann in Mantua super wandern gehen, für uns war es einfach eine Zwischenstation fernab der Touristenhotspots.

10. Stopp: Pinedale (Wyoming)
Pinedale ist ein Ort, der Cowboy-Kultur noch immer lebt. Hier tragen Menschen völlig unironisch Lederhüte und besuchen Abends das Rodeo. Der Fremont Lake Scenic Byway ist eine Strasse mit spektakulärer Aussicht auf die See- und Bergwelt Wyomings. Pinedale liegt direkt am Rand der Wind River Mountains, einem der wildesten und ursprünglichsten Gebirgszüge der USA. Der Fremont Lake ist zwar verdammt kalt (im Juli waren es 15 Grad, ich hab es am eigenen Leib getestet), dennoch war es für mich einer der eher unberührten Orte dieser Reise. Abseits des Trubels mitten in der Natur – leider zahlt man für die Aussicht mit einem hohen Preis: Man wird von Mosquitos zerstochen.

11. Stopp: Grand-Teton-Nationalpark (Wyoming)
Um die Rocky Mountains so richtig zu erleben, muss man in den Grand-Teton-Nationalpark. Er liegt südlich des Yellowstone und kommt dadurch manchmal zu kurz. Ich empfehle, dass ihr ein bis zwei Nächte im Teton Nationalpark einplant, bevor ihr Richtung Yellowstone fahrt. Denn: Das Bergmassiv ist absolut beeindruckend. In den Seen wie Jenny Lake (der schönste Name, oder?), Taggert Lake und Phelps Lake spiegeln sich die schneebedeckten schroffen Felsen. Besonderes Highlight: die T.A. Moulton Barn ist eines der meistfotografierten Sujets der USA. Wir sind extra um 4.30 Uhr aufgestanden, um die Mormonenscheune mit den Bergen im Hintergrund im leuchtenden Licht der ersten Sonnenstrahlen zu fotografieren. Es war zwar verdammt kalt (Minus 1 Grad!), aber es hat sich gelohnt. Tagsüber bekommt man hier übrigens kaum einen Parkplatz, eine Reise hierhin will also gut geplant sein.



12. Stopp: Yellowstone (Wyoming)
Der Yellowstone Nationalpark ist nicht nur der erste Nationalpark der Welt, sondern auch einer der Beeindruckendsten. Auch wenn die Rückfahrt nach San Francisco 14 Stunden gedauert hat – der Trip war es mehr als wert. Wir sind zwei Tage in Yellowstone geblieben und haben sowohl die Geysire, als auch die Wildtierwelt erkundet. Man könnte aber locker auch eine ganze Woche bleiben. Der Campingplatz vor Ort ist ein super Startpunkt, um morgens zum Sonnenaufgang durch Yellowstone zu düsen.



Mit etwas Glück begegnet man hier Mooses, Bisons, Elchen, Grizzlybären, Schwarzbären und Wölfen. Wir erwischten einen guten Tag für Tierbeobachtungen: Yellowstone wurde im Lamar Valley für uns zur Wildtiersafari. Hayden Valley hat hingegen die schönste Landschaft. Yellowstone liegt auf einer aktiven Magmakammer und ist quasi noch immer ein Vulkan. Überall erkennt man thermische Aktivität. Für uns war Yellowstone der krönende Höhepunkt zum Abschluss unserer Reise.



Rückfahrt durch Montana über Idaho nach Nevada und California
Wer die Strecke, die ich beschrieben habe, nachmacht, sollte entweder mehr Zeit mitbringen oder kein Problem mit langen Fahrten haben. Die letzten zwei Tage verbrachten wir mehrheitlich auf der Autobahn. Damit wir flexibel bleiben, haben wir keine Campingplätze gebucht und einfach geschaut, wie weit wir kommen. Wer hingegen mehr als drei Wochen hat, kann in Montana und Idaho noch einige Stopps einlegen. Es lohnt sich mit Sicherheit.