Wenn White Lotus in Mexiko spielen würde, dann in einem fancy Retreat in Tulum. Ich hab dank eines spontanen Black-Friday-Angebots eine (immer noch verhältnismässig teure) Unterkunft am Meer ergattert. Doch Tulum ist nicht nur zum Übernachten teuer: Ein Essen im Restaurant kostet hier locker 150 Franken – pro Person. Ich erinnere mich auch an eine Szene im Concept-Store von Tulum, als ich fragte, was das Leinenhemd koste. «300 US-Doller. Es sind echte italienische Leinen», erklärte mir die Verkäuferin. Ich bedankte mich höflich und nahm mir vor, irgendwann in Italien echte italienische Leinen zu kaufen. Die Reise dorthin wird vermutlich weniger als 300 US-Dollar kosten.
Wer nach Tulum fährt, muss entweder ein Taxi buchen und dann ein paar Stunden in den Süden fahren, oder ein Auto mieten. Preislich kommt man etwa auf das Gleiche hinaus, viele trauen sich aber nicht, in Mexiko Auto zu fahren. Denn: Es kommt immer wieder vor, dass Autos aufgebrochen und Koffer geklaut werden. Wer aber von Tulum aus nach Chichén Itzá oder zu den berühmten Cenoten will, wird merken: Er ist nicht allein. Hier tummeln sich Tourist:innen ohne Ende.


Tulum ist schön und weiss es auch – Holbox ist ein verstecktes Paradies
Wenn man auf Yucatán umherreist, steht Tulum stets auf der Bucketlist. Doch im Nordosten der Halbinsel gibt es eine autofreie Insel, die dem Hotspot der Beachclubs und Retreats Konkurrenz macht: Holbox. Wer Mexikos wunderschöne Strände erleben will, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen, sollte seine Reise dorthin buchen (bevor Holbox auch unbezahlbar wird).


Tulum hat Dschungel und Maya-Ruinen, auf Holbox kann man durch die hippen Viertel spazieren und in Street-Art oder Design-Boutiquen eintauchen. Hier gibt es praktisch keine Autos, Touristen müssen mit der Fähre anreisen und können sich Golfcarts oder E-Bikes ausleihen. Es gibt Golfcar Taxis, die nicht allzu teuer sind, aber die Insel ist klein genug, um auch zu Fuss von A nach B zu kommen. Nur gibt es halt keine Strassen, sondern Sandwege.
Weisse Strände ziehen sich auf Holbox kilometerweit in die Länge. Das flache Wasser am Strand ist türkisblau und klar, es gibt leichte Wellen. Wer sich nach einem Tag am Strand sehnt, ist hier genau richtig. In Tulum hingegen gibt es sehr starke Wellen und kaum öffentliche Strände. Man muss also fast schon ein überteuertes Hotel mit Privatstrand buchen, doch auch die werden sehr schnell voll.


Bioluminiszierendes Plankton und Sonnenuntergänge im Meer
Die Sonne geht direkt über dem Wasser unter und verschwindet im Meer. Wer eine Unterkunft mit Meerblick hat, kann deshalb jeden Tag die schönsten Sonnenuntergänge sehen. In Tulum ist die goldene Stunde ebenfalls ein absolutes Highlight, auch wenn die Sonne hinter dem Dschungel untergeht.
Habt ihr schon einmal erlebt, wie sich das Wasser bei Nacht in ein Meer aus Lichtern verwandelt? In Holbox kann man biolumineszierendes Plankton sehen – aber nur, wenn es ganz dunkel ist. Deshalb plant man seine Reise am besten zu Neumond. Es gibt zahlreiche Touren, die das anbieten. Auf eigene Faust losziehen ist gefährlich, in den Lagunen könnten Krokodile lauern.
Gourmet-Küche vs. authentisch lokale Kulinarik
Tulum ist herausgeputzt und protzig. Es gibt sehr gute Restaurants mit schickem Interieur und stylischen Gerichten, die an Michelin-Küche erinnern. In Holbox findet man authentische Gerichte mit Charme und lokale Spezialitäten. Mein absolutes Highlight war ein Restaurant mit blauen Wänden und Plastikstühlen. Auf der Karte befand sich jeder Fisch, der an diesem Tag gefangen wurde. Ceviche aus Meeresfrüchten ist ein absoluter Genuss gewesen. Umgerechnet haben wir etwa 30 Franken für zwei Personen gezahlt. Aber: Man kann auch auf Holbox teuer essen gehen.





Auf der Autobahn gestrandet
Doch Holbox hat einen Nachteil: Es gibt auf der Insel keine Cenoten und keine Maya-Ruinen. Dafür aber auf dem Weg von Cancún nach Holbox. Wir haben das Ganze so gelöst, dass wir für eine Woche einen Mietwagen geliehen haben (ca. 600 Franken). An der Fähre Richtung Holbox kann man das Auto auf bewachten Parkplätzen stehen lassen. Unterwegs passiert man Autobahnen durch den Dschungel.
Die Strassen sind oft leer, weil nicht viele Autos unterwegs sind und noch weniger Leute die Gebühr für den Highway zahlen wollen. Das führt übrigens auch dazu, dass man Kilometerlang keine Tankstelle passiert, was für uns einmal etwas heikel geworden ist. Wir mussten an einer Kreuzung um Hilfe bitten, weil uns das Benzin auf der Autobahn ausgehen würde. Die Dame an der Schranke zur nächsten bezahlpflichtigen Autobahn telefonierte kurz. Fünf Minuten später kam ein Mann mit einem Kanister und füllte den Tank auf. Glück gehabt!

Ek Balam ist die bessere Version von Chichén Itzá
Wer sich traut, mit dem Auto durch das Festland Mexikos zu reisen, hat auch die Möglichkeit, weniger überlaufene Maya-Ruinen zu besichtigen. Wir haben Ek Balam besichtigt und können bestätigen, dass die Ruine noch ein echter Geheimtipp ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Maya-Stätten, darf man in Ek Balam noch auf die Hauptpyramide steigen. Oben wartet ein weiter Blick über den dichten Dschungel von Yucatán. Der Haken: Ek Balam liegt etwas ausserhalb, man muss also einen Umweg fahren.

Natürliche Cenoten und Lebewesen des Dschungels
Viele Cenoten rund um Tulum sind künstlich ausgelegt oder verändert worden, damit schöne Instagram-Fotos gemacht werden können. Gleichzeitig kommt mit der Menschenmenge auch eine grosse Belastung für die Natur. Sonnencreme und Ibuprofen verunreinigen das Wasser, in dem Menschen schwimmen sollen. Aber auch stark erhöhte Werte von fäkalen Coliform-Bakterien wurden festgestellt, wie die Tulum Times berichtet – teilweise bis zu 400 % über dem Grenzwert für sicheres Schwimmen. Die Verunreinigungen gehen offenbar auf schlecht funktionierende oder überlastete Abwassersysteme von Luxushotels und Immobilienentwicklungen in der Gegend zurück.
In Yucatán gibt es jedoch zahlreiche Cenoten, die noch intakt sind und in denen man problemlos schwimmen darf. Hier wird oft darauf geachtet, dass Menschen vorher duschen und so die Unterwasserwelt nicht belasten. Wer auf dem Festland zum Beispiel zu den 5 Cenotes in Kantunilkin fährt, bekommt Einblicke in echte Naturwunder.



Klar ist, die Region Yucatán in Mexiko ist ein regelrechtes Paradies. Man trifft hier auf üppigen Dschungel, Geschichte der Maya und wunderschönes Wasser. Auch Tulum hat all das und ist für mich so ein wunderschöner Sehnsuchtsort geworden. Wenn man den Ort aber mit Holbox vergleicht, punktet die Insel vor allem damit, dass es um ein Vielfaches günstiger ist.