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«Ich will nach Paris!» – mit diesen Worten setzte ich mich neulich auf mein Sofa und recherchierte nach Angeboten. Stunden vergingen. Paris ist teuer. Der TGV war für das verlängerte Wochenende bereits ausgebucht, wir hätten also fliegen müssen. Auch das ist teuer.

Ich fragte mich, ob ich wirklich so sehr nach Paris will – da erschienen sofort Bilder vor meinem inneren Auge: Croissants am Fluss, umgeben sein von Kunst, anstossen mit einem guten Chardonnay und französische Cuisine zum Dahinschmelzen. Mir wurde klar: Ich will nicht nach Paris, ich will nach Frankreich. Also buchte ich auf gut Glück eine Reise in die zweitbeste Stadt, die ich fand – und reiste nach Lyon.

Wer nach Lyon kommt, merkt schnell: Hier stimmt das Gesamtpaket. Von der Altstadt bis zum Flussufer, von Sterneküche bis Vintage-Store, von Seidenwebergeschichte bis Street-Art. Spoiler: Die Stadt hat alles, was Paris hat, sogar eine Mini-Version vom Eiffelturm. Ich verrate euch, was meine absoluten Highlights in der wahrhaftig «besseren» Stadt der Liebe sind.

Sonnige Aussichten und eine Notre-Dame

Lyon von oben: Mehr französischer Charme geht nicht.

Lyon liegt zwischen den zwei Flüssen Rhône und Saône. Die Altstadt am Westufer ist ein mittelalterliches Labyrinth aus Kopfsteinpflaster, bunten Fassaden und geheimnisvollen Innenhöfen. Sie hat den Charme von Kopenhagen, nur auf eine französische Art. Auf dem Hügel darüber thront die Basilika Notre-Dame de Fourvière – mit einer spektakulären Aussicht, die selbst Sonnenverwöhnte aus Nizza staunen lässt.

Die Notre-Dame De Fourvière.

Nachdem wir den Sonnenaufgang über der Rhône betrachtet hatten, schlenderten wir durch die Stadt. Wer frühmorgens die vielen Treppen zur Kirche emporsteigt, wird damit belohnt, dass man die Aussicht auf die Stadt für sich alleine hat.

Frische Austern schlemmen

Redaktorin Jenny wollte nicht nach Paris, sondern sie wollte frische Austern.

Der berühmte Koch Paul Bocuse hat Spuren in Lyon hinterlassen. Zum einen prangt sein Gesicht in Form von Street-Art gross vor der städtischen Markthalle, zum anderen hat Lyon kulinarisch einfach Gastronomie par excellence zu bieten. Am liebsten hätte ich drei Tage damit verbracht, ein Restaurant nach dem anderen zu testen. Meine absolute Empfehlung ist es, in ein Restaurant zu gehen, das möglichst wenig auf der Speisekarte hat. Das ist meistens ein gutes Zeichen dafür, dass nur das Beste und Frischeste serviert wird. Und: Austern schmecken nirgends so gut, wie in Frankreich.

Second-Hand-(S)Hopping

Auf die Frage «Wie viele Second-Hand-Läden wollt ihr?», antwortet Lyon: «Ja.»

Inselhopping war gestern – in Lyon springst du von einer Vintage-Perle zur nächsten und deckst dich mit Y2K-Funden ein. Würden die Menschen um mich herum nicht ständig Französisch reden, hätte ich das Gefühl, in einer hippen Meile in Berlin zu sein. Das Viertel Croix-Rousse und das alternative Guillotière sind voll von kleinen Boutiquen, Thrift Stores und flohmarktartigen Läden, in denen man nicht nur shoppen, sondern auch stöbern, plaudern und sich inspirieren lassen kann. Besonders hübsch: Viele Shops wirken wie Wohnzimmer – liebevoll eingerichtet, mit Blumenvasen, Schallplatten und Espressomaschine. Auch wenn man nichts kaufen will, macht es unheimlich Spass, von Laden zu Laden zu hüpfen.

Picknick im botanischen Garten

The only Pain Jenny wants in her Life: Pain au chocolat.

Lyon hat einen der schönsten botanischen Gärten Europas. Im Parc de la Tête d’Or finden sich unterschiedlichste Facetten der Flora und Fauna. Besonders empfehlenswert sind das tropische Palmenhaus, das Sukkulentenhaus und die aquatischen Pflanzen im Teich. Draussen gibt es einen japanischen Garten, den Alpinum-Weg mit Bergpflanzen aus aller Welt, den duftenden Rosengarten, und einen kleinen See mitten im Park. Jede Wiese bietet sich für ein Picknick mit frischem Baguette und Käse an – oder wie in unserem Fall: mit einem Pain au Chocolat.

Flanieren vor Monet, Degas und Matisse

Von Degas bis Manet: Lyon hat kunsthistorische Schätze.

Lyon ist im Besitz zahlreicher bekannter Kunstwerke. Zum Beispiel der Tänzerinnen von Edgar Degas oder ein Bild der Chering Cross Bridge von Claude Monet. Das Musée de Beaux Arts ist zwar kein Louvre, aber auch hier gibt es eine ägyptische Sammlung, extrem viele historische Artefakte und Kunst. Aber Achtung: Alle Beschriftungen sind auf Französisch. Man kann aber auch einen Guide auf Englisch buchen. Der bepflanzte Innenhof ist übrigens wunderschön und lädt dazu ein, auf der Wiese zu liegen und ein Buch zu lesen.

Belles Traum: Einkauf auf dem Markt

Schauen, riechen, probieren: den Markt zu besuchen ist ein absolutes Must.

Mein absolutes Must-do in Lyon ist der Markt. Hier entdeckt jeder die Schönheit der Dinge, die er nicht braucht. Ich hab Souvenirs und Salatbesteck gefunden. Am liebsten hätte ich einen Wocheneinkauf gemacht und mich wie Belle gefühlt. Jeder spricht dich an und ist nicht hässig, wenn du mal ein Wort nicht kennst oder ein Verb falsch konjugierst. Meine These: Die Arroganz der Franzosen beschränkt sich vielleicht tatsächlich auf Paris.

Abends trinkt man Wein am Fluss

Der Sonnenuntergang über der Rhône.

Ich kann euch jede Bar in Lyon guten Gewissens empfehlen. Es gibt tolle Lokale mit guter Musik und die Menschen sehen super entspannt aus. Mein Lieblingsort, um den Abend beim Sonnenuntergang ausklingen zu lassen, ist aber das Flussufer. Einfach Wein mitbringen, Füsse in den Fluss halten (Vorsicht, man darf nicht schwimmen) und die laue Sommernacht geniessen. Ihr werden merken: Ganz Frankreich versammelt sich abends am Flussufer von Lyon.

Posieren vor dem «Eiffelturm»

Sieht nur von weitem aus wie der Eiffelturm – aber mit etwas Fantasie fühlt man sich wie in Paris.

Und wie versprochen: Lyon hat einen Eiffelturm. Auf Wish bestellt. Bei Google Maps gibt ein User 5 Sterne und schreibt: «Schöner Turm, habe mir die Fahrt nach Paris erspart.» Ich gehe noch einen Schritt weiter: Lyon ist eine wunderschöne Stadt – und ich bin froh, hab ich auf die Fahrt nach Paris verzichtet.

Jenny Wagner

Meine ideale Vacation ist die Lonelycation. Meine Reisen führen mich an abgelegene Seen, in stille Berglandschaften oder an einsame Küsten. Für mycation suche die unentdeckten und geheimen Flecken der Welt.