Ein Roadtrip ans Ende der Welt

„Ihr fahrt wohin?“ Diese Frage hörten mein Mann und ich nicht nur einmal, als wir Freunden und Familie von unseren Reiseplänen erzählten. Patagonien? Für viele ist das nur ein mystischer Fleck am unteren Ende der Weltkarte. Irgendwo zwischen schneebedeckten Gipfeln, türkisblauen Gletscherseen und endlosen Schotterpisten. Für uns war es ein lang gehegter Traum.

In diesem Guide nehme ich dich mit auf unseren Roadtrip durch Patagonien. Ich zeige dir, wie du eine solche Reise planst, welche Route sich lohnt, was es zu beachten gibt, was du auf keinen Fall verpassen solltest und wo du Königspinguine beobachten oder Gletschereis kosten kannst. Wenn du schon immer davon geträumt hast, einmal ganz weit weg zu fahren, bist du hier genau richtig.

Vorbereitung & Planung: Der passende Camper

Nicht jeder ist der geborene Camper und das muss man auch nicht sein, um Patagonien zu erleben. Wer lieber auf ein bisschen mehr Komfort setzt, kann die Region auch mit einem normalen Mietwagen bereisen und in Unterkünften übernachten. Es empfiehlt sich jedoch, diese frühzeitig zu buchen, da im patagonischen Sommer (beste Reisezeit November-März) viele Hostels, Hotels oder Cabins schnell ausgebucht sind.

Für unsere Reise entschieden wir uns für einen kompakten Campervan – einfach, flexibel und mit allem ausgestattet, was wir unterwegs brauchten. Mit einem Van zu reisen, gab uns die Freiheit, spontan zu bleiben, abseits gelegene Orte zu entdecken und die schönsten Schlafplätze direkt in der Natur zu finden.

Kläre unbedingt ab, ob du problemlos zwischen Chile und Argentinien hin-und her fahren kannst. Du brauchst nämlich auch zusätzliche Papiere dafür, welche meistens extra kosten.

In Patagonien wird ausserhalb von Nationalparks sogenanntes Wildcampen vielerorts toleriert, solange man sich respektvoll und unauffällig verhält, nichts beschädigt und zurück lässt. Besonders hilfreich für die Suche nach geeigneten Stellplätzen ist die App «iOverlander», in der andere Reisende ihre besten Schlafplätze und nützliche Hinweise eintragen. Wer es lieber etwas komfortabler hat, findet in regelmäßigen Abständen Campingplätze, die meist günstig sind und warme Duschen bieten.

Highlights auf der Patagonien-Route

Diese aufgeführten Stopps sind dabei nur eine kleine Auswahl und um möglichst viel zu sehen, empfehle ich dir mindestens 4 Wochen Zeit, in denen du Patagonien erleben kannst. Es gibt unzählige weitere atemberaubende Orte, für die man sich unbedingt Zeit nehmen sollte. Zwischenstopps lohnen sich fast überall – sei es zum Staunen, Fotografieren oder einfach nur zum Durchatmen.

Nordpatagonien

• Lago Villarrica mit Vulkanblick
• Route der 7 Seen 
• Bariloche: etwas Schweizer Feeling in Argentinien
• Cañadón del río Pinturas: Canyon und Höhlenmalereien

Südpatagonien

• El Chaltén: Trekking-Hauptstadt
• El Calafate 
• Perito Moreno: Gletschertrekking 
• Torres del Paine: Wanderung zu den Torres und mit Glück einen Puma sehen
• Salto Grande & Mirador Cuernos
• Lago Grey
• Puerto Natales
• Punta Arenas 
• Bahia Inutil: einzige freilebende Kolonie der Königspinguine ausserhalb der Antarktis
• Tierra del Fuego Nationalpark
• Ushuaia

Unsere schönsten Wanderungen in Patagonien

Chorrillo del Salto (El Chaltén)

• Distanz: 9 km
• Dauer: 2 Std.
• Schwierigkeit: Sehr leicht

Ein schöner Einstieg in die Wanderwelt Patagoniens mit wenig Höhenmeter, aber einer traumhaften Naturkulisse.

Laguna de los Tres (Fitz Roy)

• Distanz: 20 km
• Dauer: 8 Std.
• Höhenmeter: 700 m
• Schwierigkeit: Mittel-schwer

Ein absolutes Highlight. Wer früh startet, wird mit einsamen Pfaden und magischem Licht auf den Fitz Roy belohnt.

Torres del Paine – Mirador de las Torres

• Distanz: 20 km
• Dauer: 8 Std.
• Höhenmeter: 700 m
• Schwierigkeit: Mittel-schwer

Der Weg zu den berühmten Torres ist fordernd, aber der Ausblick ist unvergesslich – selbst bei Schneefall.

Salto Grande & Los Cuernos Lookout

• Distanz: 6.5 km
• Dauer: 2 Std.
• Schwierigkeit: Sehr leicht

Eine gemütliche Route mit ständigem Blick auf türkisfarbene Seen und die eindrucksvollen Cuernos-Spitzen.

Praktische Tipps & Zahlen

Tanken

• Sprit: ca. 1 CHF/Liter (günstiger in Argentinien)
• Copec-Tankstellen: Super Ausstattung (WLAN, Duschen, Minimarkt)
• Bei jeder Möglichkeit tanken, da man nie weiss, ob die nächste Tankstelle auch wirklich Sprit hat

Navigation & Apps

• maps.me oder Google Maps zur Navigation
• iOverlander für alles andere

Grenzübertritte

• Dokumente bereithalten
• Lebensmittel immer deklarieren (Früchte, Fleisch oder Honig darf nicht über die Grenze)
• Unterkunftsadresse notwendig

Strassen

• Chile meist gut, Argentinien teils Schotterpisten
• Kein 4×4 nötig, aber gute Reifen

Fazit: Freiheit am Ende der Welt

Patagonien hat uns gelehrt, wie viel Glück in der Einfachheit liegen kann. Ein heisser Kaffee im Camper bei Sonnenaufgang, der Moment, wenn ein Stück Gletschereis ins Wasser kracht, oder das Gefühl, wenn man nach einer langen Wanderung völlig erschöpft, aber glücklich am Ziel ankommt.

Unsere Reise war nicht immer komfortabel, aber sie war intensiv, lebendig und voller Begegnungen mit der Natur. Es braucht nicht viel Luxus, um sich reich zu fühlen, nur ein bisschen Mut, gute Vorbereitung und Lust auf Abenteuer.

Wenn du davon träumst, die Welt einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, könnte Patagonien genau der richtige Ort für dich sein. Ganz egal, wie du unterwegs bist, die Weite, Stille und Schönheit dieser Region werden dich nicht mehr loslassen.

(c) Wenn nicht anders markiert, sind die Bilder von Esther Sgaga.