Skip to main content

Den versteckten Snow Canyon verpassen die meisten, die von Vegas unterwegs nach Zion sind: mit erstarrter Lava, versteinerten Dünen, lebendigen Schildkröten und düsterer Hollywood-History.

Schon der Name Snow Canyon führt in die Irre. Schnee braucht man nicht zu erwarten. Dafür spektakuläre Lavazungen und rot glühende Dünen, die Filmgeschichte geschrieben haben. Der Snow Canyon ist ein Geheimtipp geblieben – obwohl Robert Redford ganz verrückt nach dieser Schönheit ist.

Robert Redfords Liebeserklärung

Redford drehte gleich dreimal hier. Das Fazit des Filmstars mit Umweltschützer-Status: «Meine Liebe zu St. George erreicht ein fast heiliges Level. Das Wort Saint (Heiliger) passt wirklich.»

Ich folge Redfords Spur. Mache mich auf die Suche nach der „prähistorischer Ruhe“, die der Star hier gefunden haben will. Nur 15 Minuten von St. George entfernt, biege ich von der State Route 18 in den unscheinbaren Snow Canyon Drive. Keine Werbung, keine Touristenhotels. Darum fahren die meisten einfach durch. Doch für mich öffnet sich ein Tal, das einem den Atem raubt – Redford hatte recht!

mycation Contributor Roland vor der Kulisse, die Robert Redford liebte.

Historischer Boden

Ich staune wie der erste Mensch, der denselben Farbenrausch vor 2500 Jahren erlebte. Später lebten Paiute Indianer gut 100 Jahre von der Jagd (auf dem Menü stand Kaninchen). Noch heute sind ihre Nachfahren in der Region heimisch – etwa im Reservat von Ivins.

Das Tal verdankt seinen Namen den Siedlern Lorenzo und Erastus Snow, zwei Mormonen-Pionieren. Eigentlich suchten sie ja nach Rindern, die sich verlaufen hatten – und stolperten sozusagen über dieses Naturwunder. Rund 100 Jahre nach der „Entdeckung“ wurde es zum State Park erklärt.

Der Snow Canyon ist heute ein State Park.

Trail Tipps für den Snow Canyon

Der gepflasterte Snow Canyon Drive teilt den Park vom Nord- bis Südeingang in zwei Hälften. Beidseits liegen zehn ausgeschilderte Wanderwege. Klingt nach viel, aber die Distanzen sind kurz, der Schwierigkeitsgrad leicht. Perfekt für Familien mit Kleinkindern. Parkplätze gibt’s an jedem Trailhead.

  • Flora: Da Snow Canyon in der High Desert liegt, besteht die Flora aus wüstenrobusten Pflanzen wie Sagebrush und Yuccas. Der gut gelaunte Park Ranger hat es mir nicht übel genommen, dass ich sie mir aus der Nähe ansehen wollte – aber mich darauf hingewiesen, dass man auf dem Weg bleiben soll.
  • Lava Tubes: Erstarrte Lavaströme winden sich dramatisch durch die Hügel. Überbleibsel unterirdischer Ströme, die nach dem Erkalten hohle Tunnel bildeten.
  • Tortoise Walk: Die geschützte Wüsten-Schildkröte wird als Star verehrt. Am Ende eines kurzen Lehrpfads lädt eine lebensgrosse Skulptur als Fotosujet ein.
  • Petrified Dunes Trail: Wenn du heute einen einzigen Pfad unter die Füsse nehmen willst, dann schlag die Richtung West Canyon Road ein. Dieser Trail bringt dich zu versteinerten Sanddünen, gewellt vom Wind, gehärtet über Jahrtausende. Diese Erhebung macht mächtig Eindruck, lässt sich jedoch recht einfach besteigen. Denn die Natur hat vorgesorgt: vielen Dank für die praktischen Rillen, die wie Fusswege quer in den Sandstein gebacken sind!
  • Sand Dunes: Direkt beim Südeingang türmt sich eine unübliche Erscheinung auf: eine Sanddüne. Sie war Redfords Co-Star in drei Klassikern: „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ (auf der Flucht vor den Sheriffs), „Jeremiah Johnson“ (die Indianer graben einen Trapper bis zum Hals im Sand ein), schliesslich „The Electric Horseman“: Redford stiehlt vom Caesars Palace in Las Vegas ein Rennpferd, um es in der Natur freizulassen.

Nach meinem Trip im Snow Canyon kann ich mich Redfords Fazit nur anschliessen: „Wenn jemand sagt: St. George, dann denke ich an eine von Gott erschaffene Gegend. Der beste Landschaftsgärtner von St. George war der Herrgott.“

PS: Noch ein berüchtigter Film hinterliess im roten Sand seine Spuren: John Wayne kämpfte als Dschingis Khan in «The Conqueror» nämlich nicht nur gegen Tartaren zu Pferde – klick auf den folgenden Pfeil, wenn du auf deiner Reise mit Filmwissen glänzen willst.

„A Radio-Active Picture“: Lag ein Fluch auf The Conqueror?

Was heute kaum zu glauben ist, war im Kalten Krieg Realität: Die US-Regierung zündete elf Atombomben nur 220 Kilometer von St. George entfernt – mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Der Bevölkerung versicherte man: kein Grund zur Sorge! Nur Monate nach der Detonation der Atombombe «Dirty Harry» (Mai 1953) suchten Location Scouts des RKO-Filmstudios nach Drehorten für ein Epos um den Eroberer Dschingis Khan. Sie wählten Snow Canyon – ein Terrain, das man dem Publikum leicht als Wüste Gobi verkaufen konnte. Tatsächlich verdanken wir den RKO-Filmleuten, dass der Canyon erstmals für den Verkehr erschlossen wurde. Der Film selbst jedoch – stiess auf wenig Begeisterung und wurde als „schlechtester Film aller Zeiten“ bezeichnet. Noch schlimmer: Bald wurden erste Crewmitglieder mit Krebs diagnostiziert. Der Verdacht wuchs, die Todesliste wurde länger. Eine Schauspielerin kritisierte öffentlich, bevor auch sie 1974 an Krebs starb: „Jeder in diesem Film kriegt Krebs und stirbt.“ Der Krebs machte vor den Superstars nicht Halt: Oscar-Preisträgerin Susan Hayward starb 1975, John Wayne, der die Hauptrolle im Film spielte, starb 1979. Bis 1980 waren 91 Personen der Crew an Krebs gestorben – fast jeder Zweite. Von da an nannte man den unrühmlichen Film der RKO Radio Pictures ein „RKO Radio-Active Picture“.

Tatsache ist: Die Filmleute wurden von ihrer Regierung ebenso mit scheinheiligen Erklärungen abgefertigt wie die Anwohner. Radioaktivität wurde verharmlost. Die überdurchschnittliche Sterberate an Krebs in St. George spricht Bände. 70 Jahre später ist die Belastung abgeklungen und weggewaschen. Wer heute mit einem Geigerzähler kommt, wird keine verdächtige Strahlung mehr ausmachen. Das heisst nicht, dass die Radioaktivität in Snow Valley Einbildung und der Fluch des Films ein Märchen war. Schau dir hier den Trailer der offiziellen Doku über das dunkle Kapitel Hollywood-Geschichte an.

Bildquellen: Roland Schäfli.

Roland Schäfli

Wenn der Abspann längst abgelaufen ist, fängt meine Reise als Filmjournalist an: Als Cinema Scout finde ich verlassene Drehorte und setze mich auf die Spuren von Kult-Filmern. Denn das Kino muss für Filmtouristen erst noch kartographiert werden!   

Patagonien mit dem Camper Ein Roadtrip ans Ende der Welt

Ein Roadtrip ans Ende der Welt

Esther SgagaEsther Sgaga8. Juni 2025