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Kambodscha ist ein Land, das in kürzester Zeit die unterschiedlichsten Emotionen in mir ausgelöst hat – von Staunen über tiefes Mitgefühl, Bewunderung und Entsetzen bis hin zu grosser Dankbarkeit. Das einfache Leben vor Ort hat mich begeistert und mir gezeigt, wie wenig es braucht, um wirklich glücklich zu sein. Während meiner Reise habe ich viele Eindrücke gesammelt, die mich zum Nachdenken gebracht und gleichzeitig inspiriert haben.

In diesem dreiteiligen Erlebnisbericht teile ich meine Erfahrungen, Beobachtungen und Erlebnisse – ein persönlicher Rückblick auf eine intensive Zeit in einem Land, das weit mehr ist als nur Tempel und Tropenlandschaften.

Siem Reap

Nach einem 50-minütigen Flug aus Bangkok lande ich an einem völlig neuen Flughafen – gross, modern, aber fast menschenleer. Mein Taxifahrer erzählt mir, dass der Airport erst seit zwei Monaten in Betrieb ist. Während der Fahrt fragt er mich nach meinen Reiseplänen. Ich erzähle ihm, dass ich gerade vier Monate unterwegs bin. Daraufhin gesteht er mir, dass er in seinen 50 Lebensjahren noch nie ausserhalb von Siem Reap war. Ein Moment, der mich innehalten lässt. Ich bin dabei, in nur zehn Tagen halb Kambodscha zu bereisen – und ihm war es bisher nicht möglich, seine Heimatstadt zu verlassen. Schon zu Beginn dieser Reise wird mir bewusst, wie privilegiert ich bin.

Eine turnende Begrüssung

Im Onderz Hostel checke ich in ein 4er-Frauenzimmer ein – gemütlich und modern, wären da nicht die frostigen 16 Grad wegen der Klimaanlage. Die Stadt selbst ist charmant: französische Kolonialhäuser, kleine Cafés, entspannte Vibes – und natürlich das Tor zu den legendären Tempeln von Angkor.

Über eine Facebook-Gruppe für Solo-Traveler hatte ich schon Kontakt zu einer Schwedin, die – wie der Zufall will – im selben Hostel wohnt. Wir treffen uns und landen in einem typisch kambodschanischen Restaurant. Ich probiere Amok – ein Kokosnuss-Fisch-Curry. War ehrlich gesagt nicht so meins, aber probieren sollte man das Nationalessen.

Abends geht’s in den Phare Circus – eine bunte Mischung aus Akrobatik, Kultur und Gesellschaftskritik. Die Artisten sind grossartig, und der Erlös unterstützt benachteiligte Kinder. Ein guter Weg, im Land anzukommen! Fun Fact: Der Zirkus hält den Weltrekord für die längste Show der Welt – ganze 24 Stunden (unsere war zum Glück kürzer).

Nach einem kurzen Spaziergang durch die bekannte PubStreet geht es aber ins Hostel-Bett, denn morgen klingelt der Wecker um 04:00 Uhr. Um Angkor, die grösste Stadt der Welt aus dem 12. Jahrhundert, zum Sonnenaufgang zu entdecken, muss man früh aufstehen.

Kingdom of Wonders

Noch vor Sonnenaufgang stehe ich für die Hosteltour mit lokalem Guide bereit, damit wir pünktlich an den besten Spots sind (und uns nicht verlaufen).

Das riesige Areal von Angkor erstreckt sich über 20 x 20 Kilometer und zählt heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es hat sogar Pompejj als 8. Weltwunder abgelöst. Die Stadt wurde 1436 verlassen und die Hauptstadt nach Phnom Penh verlegt. Als das weltweit grösste religiöse Monument geschaffen wurde, hatte man zum Ziel, den Himmel auf Erden zu bauen.

Wir platzieren uns früh am Teich vor dem Tempel – für das perfekte Bild mit Spiegelung im Wasser. Kambodschas Slogan «Kingdom of Wonders» passt hier einfach perfekt: Der Sonnenaufgang über den Türmen von Angkor Wat ist wirklich magisch. Kaum zu glauben, dass im 12. Jahrhundert 5.000 Elefanten und 300.000 Arbeiter nötig waren, um die riesigen Steinblöcke hierher zu bringen. Man muss sich das mal vorstellen – das war kein kleiner Umzug.

Trotz der vielen Besucher verläuft sich die Menge schnell. Das Gelände ist riesig, und immer wieder stolpert man über ruhige Ecken, an denen man völlig allein zwischen uralten Steinen steht. Der Bayon-Tempel fühlt sich an wie ein echtes Level aus Temple Run – nur ohne wegrennende Affen. Ta Prohm hingegen wirkt fast wie aus einem Fantasyfilm: Überwuchert von Wurzeln, Bäumen und Dschungel. Unser Guide Chong zeigt uns die Stelle, an der Tomb Raider mit Angelina Jolie gedreht wurde.

Nach so vielen Eindrücken liege ich nachmittags wie ein Stein selbst am Hostelpool. Abends ziehe ich noch kurz über den Nachtmarkt, sichere mir einen Kühlschrankmagneten für meine Sammlung – und gönne mir zum Abschluss die besten Frühlingsrollen meines Lebens bei WILD. Dort gibt’s sie in allen erdenklichen Varianten.

Flauschige Helden

Für den perfekten Start in den nächsten Tag gibt’s fantastischen Brunch im Little Red Fox Coffee, versteckt in einer kleinen Seitenstrasse. Viele Häuser in Kambodscha wirken von aussen unscheinbar – mit schmalen Türen und steilen Treppen – führen aber in überraschend grosszügige Räume über mehrere Stockwerke.

Nach einem Avocado-Toast und ordentlich Koffein machen wir uns mit dem Tuk-Tuk auf den Weg zu Apopo, einer beeindruckenden NGO. Apopo bildet Ratten aus, um Landminen aufzuspüren. In Kambodscha gibt es nach wie vor 800 km² vermintes Land. Es ist eines der am stärksten verminten Ländern weltweit. Bis heute kommt es regelmässig zu Minenunfällen und 50% der Opfer sind Kinder. Die Arbeit von Apopo ist deshalb nicht nur faszinierend, sondern auch überlebenswichtig – ein stiller, aber enorm bedeutender Beitrag zur Sicherheit und Zukunft des Landes.

Ratten sind leicht genug, um Landminen nicht auszulösen. Die afrikanische Riesenratte kann bis zu ein Trillionstel Gramm TNT erschnüffeln und durchsucht ein Feld in 30 Minuten, wofür ein Mensch vier Tage bräuchte. In über zehn Ländern helfen sie bei der Minenräumung – auch in Kambodscha.

Wir beobachten, wie eine «Heldenratte» auf einem Sandplatz eine Mine aufspürt. Sie gräbt, zeigt ihrem Trainer das Fundstück und wird mit einem Klickgeräusch und einem Stück Banane belohnt. Wir dürfen sogar pensionierte Ratten halten und streicheln – riesige, sanfte Tiere. Die Tour ist spannend und informativ, die Tiere werden gut behandelt. Bisher gab es nie einen Unfall. Allein von Januar bis September 2023 haben 53 Ratten über 2.300 Minen auf 9 km² entdeckt und so Land für über 160.000 Menschen wieder nutzbar gemacht.

Zurück im Hostel verstehe ich mich mit einer Norwegerin so gut, dass wir spontan beschliessen, die nächsten Tage zusammen weiterzureisen. Am Abend steigen wir in den Nachtbus nach Sihanoukville – nächster Stopp: die Insel Koh Rong. Was ich dort erlebt habe (Spoiler: Meine Erlebnisse beinhalten ein Rezeptionist in Unterhosen und ein Pferd im Zimmer) liest du in Teil 2 meiner Kambodscha-Reise.

(c) Alle Bilder hat Jannina Stüben bei ihrer Reise gemacht.

Jannina Stüben

Meine ideale Vacation ist die Flexication. Mal reise ich solo mit dem Rucksack durch indische Homestays, mal liege ich als Luxus-Hotelgast im Infinitypool auf Mauritius. Für mycation nehme ich die Welt, wie sie kommt – neugierig, flexibel und voller Leidenschaft.