Vietnam ist ein faszinierendes und überraschendes Land. Vom pulsierenden Ho Chi Minh City, dem ländlichen Mekong Delta bis hin zum historischen Hanoi und der bekannten Ha Long Bucht: Vietnam ist vielseitig und unvergesslich. Das weiss mycation Redaktorin Larissa, die das «Land des aufsteigenden Drachens» auf einer Rundreise besucht hat.
Der bunte und laute Schmelztiegel
Wir schlängeln uns durch den Binh Tay Markt in Cho Lon, dem Chinatown von Ho Chi Minh City – auch bekannt unter seinem ehemaligen Namen Saigon. Von überall her hören wir Geschrei, Gelächter und Gehupe. Hier zeigt sich die Wirtschaftsmetropole Vietnams von seiner echten Seite: laut, ruppig und rappelvoll. Ho Chi Minh City ist für seine Strassenmärkte bekannt. Der Ben Thanh Markt ist einer der bekanntesten. Wer es weniger touristisch mag – dafür aber auch das pure Chaos in Kauf nehmen will, dem sei der eingangs erwähnte Binh Tay Markt empfohlen. Die Besucher dieses Marktes sind grösstenteils einheimisch und machen ihre Tageseinkäufe, entsprechend ruppig und gehetzt geht es hier zu und her – und ja, man fährt auch gerne mal mit dem Töff direkt durch die engen Marktgassen. Trotzdem, oder gerade deswegen, ist der Markt ein einmaliges Erlebnis, das man sich keinesfalls entgehen lassen darf.
So überfordernd unser erster Eindruck von Ho Chi Minh City auch ist, wir sind begeistert. Denn die ehemalige Hauptstadt mit knapp 9 Millionen Einwohnern hat viele Gesichter ‒ und erzählt noch viel mehr Geschichten. Zum Beispiel die der Franzosen: Auf unserem Stadtrundgang sehen wir prunkvolle Kolonialbauten, die an die französische Herrschaft im 19. Jahrhundert erinnern. So steht im Zentrum der Stadt eine Notre Dame Kathedrale sowie ein wunderschönes Postgebäude, welche direkt aus Paris importiert scheinen. Und auch das ehemalige Rathaus – vor allem mit der Statue Ho Chi Minhs – ist ein beliebtes Fotosujet und Wahrzeichen der Stadt. Direkt davor erstreckt sich der Nguyen Hue Boulevard. Während hier tagsüber tote Hose ist, erwacht die mächtig breiten Allee abends zum Leben. Sobald die Strasse für den Verkehr gesperrt ist, tauchen von überall her mobile Garküchen-Träger, Strassenkünstler und tanzende Teenager auf. Einheimische sitzen mit ihren Kindern auf dem Boden und geniessen die kühleren Abendstunden.





Wie die meisten asiatischen Städte ist auch Ho Chi Minh City ein Schmelztiegel der Kulturen. Ja, die dynamische Stadt kann überfordern, aber auch begeistern. Nicht nur optisch, sondern kulinarisch: Unzählige Garküchen und bunte Plastikstühle oder -planen prägen das Strassenbild. Die Vietnamesen essen nämlich vorwiegend direkt auf der Strasse. Es lohnt sich, an der Strassenecke ein “Bánh mì” (ein Baguette-Sandwich) oder die bekannte Nudelsuppe “Phở” zu probieren und das bunte Treiben der Stadt auf sich wirken zu lassen. Und so lässt sich Ho Chi Minh City auch am besten erleben ‒ mittendrin.
So harmonisch diese Momente auch sind, die Kriegsvergangenheit ist in Ho Chi Minh City allgegenwärtig. Wer sich vom bunten Treiben der Stadt losreissen kann und Zeit für einen Halbtagesausflug findet, muss unbedingt die Tunnelsysteme von Cu Chi besuchen. Eine Stunde von der Stadt entfernt erstreckt sich ein 250 Kilometer langes Tunnelsystem, das als Versteck und Schutz vor den Amerikanern während des Vietnamkrieges genutzt wurde. Teilweise verbrachten die Vietnamesen mehrere Wochen in den Tunnels. Wohnungen und sogar Spitäler und Schulen wurden im Reich unter der Erde gebaut. Leider ist ein Grossteil des Systems nicht mehr erhalten. In Cu Chi kann man aber in einige der engen, maximal eineinhalb Meter hohen Tunnels kriechen (sie sind gut versteckt und mit Fallen gesäumt) und so Geschichte am eigenen Leib erfahren.
Auch in der Stadt selber kann man die Schicksals-geprägte Vergangenheit Vietnams hautnah erleben, zum Beispiel im War Remnants Museum. Wer nun denkt, dass es bestimmt tolleres gibt, als bei 30 Grad in ein Museum zu gehen, dem sei gesagt: Ein Besuch ist tatsächlich eine ernüchternde Erfahrung – aber eine Wichtige. Unzählige und teils sehr brutale Fotografien dokumentieren die verheerenden Auswirkungen des Krieges mit den USA. Viele davon sind noch heute spür- und sichtbar.
Die gelassene Seite Vietnams
Aber nach einigen Tagen im Getümmel wird uns die Stadt doch etwas eng. Der genau richtige Zeitpunkt, um die Weiterreise anzutreten. Zwei Stunden südwestlich von Ho Chi Minh City erstreckt sich das Mekong Delta auf knapp 40’000 Quadratkilometern. Die von Flüssen durchzogene Landschaft ist üppig und grün ‒ kein Wunder also, dass sie «Reiskammer des Südens» genannt wird. Vom Roller steigen wir hier um ‒ auf Ruderboote. Diese schaukeln gemächlich durch ruhige Nebenflüsse, vorbei an Mangrovenwäldern, Wasserpalmen und Hausbooten, aus denen der Duft von gebratenem Fisch weht. Denn das Leben im Mekong Delta spielt sich auf dem Wasser ab.





Im Mekong Delta schwimmen nicht nur die Häuser und Tankstellen, sondern auch die Märkte. Der wohl bekannteste unter ihnen ist der Cai Rang Markt. Mit langen Holzstangen zeigen die Bauern, welche Produkte sie auf ihren Booten verkaufen. Unser Boot fährt durch ein Lanzenmeer mit Ananas, Melonen, Süsskartoffeln und Maniok. Aber auch Getränke und Snacks können von kleinen, flitzigen Motorbooten gekauft werden – auch wenn dies wohl hauptsächlich für die Touristen eingeführt wurde. Profi-Tipp: Das Hotel-Frühstück auslassen und sich auf dem Markt den Bauch vollschlagen. Wer statt Früchten und Gemüse lieber etwas Deftiges möchte, kann im Anschluss den naheliegenden Landmarkt An Binh besuchen. Dieser Markt ist weit weniger touristisch als der schwimmende Markt – allerdings braucht man auch einen stärkeren Magen. So beliebt die vietnamesische Küche auch ist, die Vietnamesen sind bekannt dafür, dass es keine Speisetabus gibt. So werden hier auch Ratten, Frösche und Innereien zum Kauf und Verzehr angeboten.





Das riesige Gebiet rund um den mächtigen Mekong Fluss verzaubert mit seiner traumhaften Landschaft und einer Idylle, die man sich anfangs so gar nicht gewohnt ist. Während sich in Ho Chi Minh City ein Haus ans Nächste reiht (oder sich die Häuser fast schon stapeln), ist das Mekong Delta eher spärlich besiedelt. Man lebt hier ruhiger und traditioneller. Der Süden Vietnams bietet also für jeden etwas. Ob man nun das urbane Stadtleben oder den ländlichen Charme liebt.
Ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung des Mekong Deltas ist die Stadt Can Tho. Sie ist die grösste Stadt in der Region mit einer schönen Hafenpromenade, einem quirligen Nacht-Markt und tollen Restaurants. Von hier fliegen wir für knapp 100 Franken innerhalb von 2 Stunden nach Hanoi, die Hauptstadt im Norden des Landes.
Der wilde und mystische Norden Vietnams
Die Hauptstadt Vietnams ist ganz anders als Ho Chi Minh City. Sie ist eine der ältesten Städte Südostasiens und die bekannte Altstadt ist zweifelsfrei ihr Highlight. Tipp: Die Altstadt statt zu Fuss auf einem Cyclo (Rikscha) entdecken. Die eingesparte Energie kann man für einen Spaziergang um den Hoan Kiem-See nutzen.
Zum Ende unserer Vietnam-Reise verweilen wir aber nicht länger in Hanoi, es zieht es uns noch einmal raus aus der Stadt. Nach einer dreistündigen Fahrt durch Reisfelder eröffnet sich der Blick auf die Ha Long Bucht. Je nach Geschmack kann man hier von einem Vormittag bis zu einer Woche verbringen. Zu entdecken gibt es genug: Man kann schwimmen, kajaken, fischen oder Tropfsteinhöhlen besuchen. Während wir in unserem Boot durch unzählige Buchten fahren und uns an bizarren Felsformationen vorbeischlängeln, fällt es uns schwer, die wahrhaftige Dimension dieses Ortes zu erahnen. Was wir aber erfahren: Die Bucht mit einer Gesamtfläche von rund 1’500 Quadratkilometern und fast 2’000 Kalkfelsen gehört zum UNESCO Weltnaturerbe. Das zurecht: Mit seinem atemberaubenden Panorama und mystischen Landschaft ist die Ha Long Bucht wirklich ein zu Stein gewordener Märchenwald.



Klar ist: Wer einmal im Vietnam war, wird noch lange davon schwärmen. Die lebhaften Metropolen und die atemberaubende Landschaft sind die Zutaten für perfekte Ferien mit viel Abwechslung, spannenden Begegnungen und kulinarischen Höhenflügen.